So stärkt Abhärten das Immunsystem

Frau liegt im Winter in der Sonne

Schneetreten oder Wechselduschen: Viele Menschen schwören auf Kältereize zum Schutz vor Erkältungen. Wie die Immunstimmulation gelingt; und was man lassen sollte.
Würden Sie im Winter in einen See springen und im eiskalten Nass Ihre Runden drehen? Freiwillig? Ursula Schwarz liebt das feine Prickeln des eisigen Wassers auf der Haut, wenn sie die ersten Züge macht. „Und nach dem Bad bin ich gut durchblutet und durchwärmt. Meine Haut fühlt sich ganz weich an.“ Die 63-Jährige ist Vorsitzende der „Berliner Seehunde“, eines Vereins von 75 Winterschwimmern und Eisbadern zwischen 13 und 80, die sich jeden Sonntag im Strandbad Orankesee treffen. Bei jedem Wetter.

Frostbeulen: Abhärtung durch Kältereize sinnvoll

Wie Ursula Schwarz schwören viele Menschen darauf, sich durch Kältereize abzuhärten. Mit Güssen und Wechselduschen im eigenen Badezimmer oder beim Tau- oder Schneetreten in der Natur wollen sie sich gegen Schnupfenund andere Erkältungskrankheiten wappnen. Sinnvoll ist das vor allem für „Frostbeulen“, die sich den ganzen Tag in angenehm temperierten Räumen aufhalten. „Sie bibbern schon, wenn sie im Winter nur vor die Tür gehen“, wie Dr. Hans-Jörg Ohlert, medizinischer Leiter der Kneippschen Stiftungen in Bad Wörishofen, immer wieder beobachtet. Abhärtung trainiert bei diesen Sensibelchen die Anpassungsfähigkeit der Gefäße an kühleres Wetter. Bei regelmäßigen Kälteanwendungen pendelt sich die Temperaturregulation wieder auf das Normalniveau ein.

„Sie sollten aber darauf achten, die Anpassungsreaktion des Körpers mit milden Reizen langsam zu steigern“, sagt Ohlert. Wer Kältereize nicht gewohnt sei und sich morgens unter die eisige Dusche stelle oder nackt in den frisch gefallenen Schnee hinausrenne, werde nicht fitter – sondern erst einmal krank.

Einsteiger sollen langsam mit der Kälte beginnen

Untrainierten rät der Kneipp-Arzt, mit Wechsel-Fußbädern oder -Armbädern anzufangen, um ihre Kältetoleranz zu verbessern. Später folgen kalte Teilgüsse auf Füße, Knie, Oberschenkel und Arme. Das geht auch unter der Dusche mit der Brause. Bitte vorher mit dem Hausarzt besprechen. Und am besten im Sommer beginnen, wenn die Körper- kerntemperatur etwas erhöht und eine Abkühlung willkommen ist. Das macht das Training nicht sofort so intensiv.

 Auch Ursula Schwarz warnt davor, bei Schnee und Eis mit dem Winterschwimmen zu starten. Ihr Tipp für Einsteiger: „Einfach im September die Saison nicht beenden, sondern regelmäßig weiterbaden.“ Bevor sie ins kühle Nass steigt, versäumt die Berlinerin außerdem nicht, sich mit Gymnastikübungen aufzuwärmen. Denn trotz aller Routine kostet es sie doch jedes Mal ein bisschen Überwindung, sich in den See gleiten zu lassen. „Kaltes Wasser bleibt kalt. Auch für Winterschwimmer!“, meint sie lachend. Verlässt Ursula Schwarz das Nass nach ein paar Minuten, hüllt sie sich sofort in ihren flauschigen Bademantel.

Sich ausgekühlt der Kälte auszusetzen ist nicht gesund. Beim Wasser-, Tau- oder Schneetreten zum Beispiel sollten die Füße deshalb immer schön warm sein. „Ein Kaltreiz auf die kalten Füße ist kein Reiz im eigentlichen Sinn, sondern verringert die Durchblutung zusätzlich“, betont Ohlert. Außerdem stünden die Füße und der Nasen-Rachen-Raum in enger Beziehung. Seien die Füße kalt, sagt der Experte, werde auch die Nasenschleimhaut schlecht durchblutet.

Positiver Effekt auf die Gesundheit nachgewiesen

Was Kälte im gesunden Organismus bewirkt? Der Körper reagiert darauf zunächst mit einer Verengung der Gefäße. Um sich zu erwärmen, weitet er diese anschließend aber wieder. Eine Folge: Haut und Schleimhäute werden verstärkt durchblutet. Und Viren können auf feuchten, gut durchbluteten Schleimhäuten schlechter andocken, etwa im Nasen-Rachen-Raum. Außerdem gelangen mit dem gesteigerten Blutstrom mehr Immunzellen in die Risikozone, die mögliche Erreger erkennen und abfangen.

Dass Abhärtung die Abwehr mobilisiert, auch mehr Immunzellen zu produzieren, konnte in kleineren Studien nachgewiesen werden. Etwa in einer Untersuchung der Universität Jena mit 20 COPD-Patienten, die regelmäßig kalte Brustgüsse erhielten. Anschließende Blutanalysen zeigten, dass die Anzahl immunrelevanter Zellen im Vergleich zur Kontrollgruppe um 13 Prozent erhöht war.

„Zwar verschwinden die Effekte relativ schnell wieder, aber sie sind reproduzierbar“, sagt Professorin Annette Becker von der Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin der Uni Marburg. Das spreche durchaus für einen positiven Effekt. Ob diese Veränderung jedoch auch dazu beiträgt, Erkältungskrankheiten zu verhindern, ist nicht geklärt.

Vitamin D wichtig für das Immunsystem

Können auch ausgesprochene „Warmduscher“ profitieren – also solche Zeitgenossen, die schon bei zwölf Grad plus mit Daunenjacke und Mütze unterwegs sind? Ohlert rät kälteempfindlichen Personen zu morgendlichen Trockenbürstungen und täglichen Spaziergängen an der frischen Luft, um den Kreislauf zu aktivieren – selbst wenn es regnet, stürmt oder schneit. Sich möglichst viel in der Natur aufzuhalten regt den Körper an, Vitamin D zu bilden. Den meisten Mitteleuropäern mangelt es an diesem Vitamin, vor allem in der dunklen Jahreszeit. Doch das sogenannte Sonnenvitamin besitzt einen großen Einfluss auf die Immunfunktion, wie etwa eine Studie im Fachmagazin BMC Infectious Diseases belegt. Will man Erkältungskrankheiten vorbeugen, spielt generell der gesamte Lebensstil eine Rolle – viel Bewegung, gesunde Ernährung, genug Schlaf.

Kommen Sie gut durch die kalte Jahreszeit, Ihr Team der Burger Apotheke

(Quelle: nach Wort&Bild, Foto:Getty Images/Mike Timo)